„Welches Maismehl ist denn nun das richtige für dieses Rezept und muss es wirklich genau diese Art von Maismehl sein?“ Spätestens wenn man vor den ersten eigenen, komplett verunglückten, aber vermeintlich typisch mexikanischen Tortillas oder kolumbianischen Arepas steht, kennt man die Antwort auf Teil zwei der Frage: Ja, es muss wirklich eine bestimmte Art von Maismehl sein. Aber warum ist das eigentlich so und welches Maismehl hätte denn nun für das Rezept gepasst?
Um ein bisschen Licht in den Maismehl-Dschungel zu bringen, möchte ich euch die wichtigsten Sorten des Mehls sowie seine Verwendungszwecke vorstellen. Denn Mais ist wesentlich vielfältiger, als die Meisten sich das beim Blick in deutsche Supermarktregale vorstellen.
Bevor es weiter unten um die verschiedenen Arten von Maismehl geht, möchte ich euch kurz einen Einblick in die Geschichte der Kulturpflanze Mais geben. Denn diese gilt als eine der erfolgreichsten Domestizierungsgeschichten der Menschheit. Im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen ist er nämlich nicht in der Lage sich selbst weiter zu vermehren. Interessiert dich nicht die Bohne? Dann scroll direkt bis ans Ende des Artikels zu der Maismehl Tabelle. Wenn du bei der nächsten Taco-Party jedoch eine ordentliche Runde klugscheissen willst, solltest du dir unbedingt den ganzen Artikel durchlesen.
Kleine Randnotiz: In diesem Artikel geht es um die Nutzung von Mais als Lebensmittel für Menschen. Andere Arten und Verwendungen von Mais (wie Futterproduktion, Energiegewinnung oder der Anbau von Ziermais) habe ich bewusst außen vorgelassen. Dass Mais in Sachen Erntemenge weltweit tatsächlich vor Weizen und Reis liegt und damit als das am meisten angebaute Getreide gilt, ist allerdings durchaus diesen Faktoren und nicht dem direkten menschlichen Konsum zuzuschreiben.
Kleine Geschichte des Mais – Eine der erfolgreichsten Domestizierungsgeschichten der Menschheit
Mais wird seit tausenden von Jahren kultiviert. Als Ursprung gilt, ganz grob gefasst, das Gebiet zwischen Mexiko und den südamerikanischen Anden. Vor gut 10 Jahren lieferte die Forschung neue Erkenntnisse in Sachen genauer Herkunft: Die bis dato ältesten Funde, welche eine menschliche Nutzung vor 8000 Jahren nachweisen. Diese stammen aus dem Tal des Rio Balsas in Mexiko. Bei den archäologischen Funden handelt es sich jedoch nicht um Mais wie wir ihn heute kennen, sondern um das Süßgras Teosinte, von welchem unser heutiger Mais abstammt. Die Teosinte bildete damals allerdings noch keine Kolben aus, sondern lediglich eine handvoll mickriger Körner. Für hungrige SammlerInnen bedeutete dies natürlich vor allem eins: Verdammt viel Arbeit.
Die damals beginnende Nutzung sowie gezielte menschliche Selektion und Kultivierung der Teosinte führten dazu, dass sich das kaum ertragreiche Wildgras mit der Zeit zu dem uns heute bekanntem Mais entwickelte. Bereits vor 6000 Jahren gelangte eine Mais-Urform via Zentralamerika und Panama nach Südamerika. Archäologische Funde in Form von kleinen, wenige Zentimeter langen, Maiskolben (welche bereits um den Kolben herum Körner trugen und damit unserem heutigen Mais mehr ähneln als ihrem Ursprung) wurden von Forschern auf 4700 v. Chr. datiert.
Da Mais ohne menschliche Hilfe niemals in seiner heutigen Form entstanden wäre und sich zudem nicht selbstständig fortpflanzen kann, gilt seine Entstehung als eine der erfolgreichsten Domestizierungsgeschichten der Menschheit.
Nach Europa kam Mais erst nachdem Christoph Kolumbus 1492 die sogenannte Neue Welt “entdeckt” hatte. Bereits wenige Jahre später wurde Mais in Andalusien gehandelt und angebaut. Von dort aus breitete er sich im Anschluss weiter über ganz Europa sowie in der restlichen Welt aus.
Wie viele Sorten Mais gibt es?
Die Angaben, wie viele Sorten Mais heute auf der Welt existieren, gehen weit auseinander. Gerne hätte ich euch hier eine knackige Zahl präsentiert. Aufgrund mangelnder zuverlässiger Quellen und sehr unterschiedlicher Angaben, kann ich jedoch leider nur mit der Info dienen, dass es sich um viele tausende handelt. Lasst uns daher an dieser Stelle einfach auf „verdammt viele“ einigen. (Und Hinterlasst mir gerne einen Kommentar, wenn ihr zufällig Mais-Experte seid und genaue Zahlen zur Hand habt.)
Neben dem in Europa am weitesten verbreiteten gelben Gemüse- & Zuckermais Sorten gibt es auch Mais in vielzähligen anderen Farben – von weiß zu roten, pinken und lila-schwarzen, zweifarbigen oder sogar komplett bunten – Kolben. Diese Unterscheiden sich nicht nur in ihrer Optik, sondern z.B. auch in ihrer Süße und im Stärkegehalt. So existiert neben Gemüse- und Zuckermais auch Mehlmais, Röstmais und Puffmais. Diese bringen unterschiedlichste Eigenschaften mit und eignen sich deshalb nur zur Herstellung bestimmter Gerichte.
Warum muss es ein bestimmtes Maismehl sein?
So weit, so viele Unterschiede. Beim Thema Mehl kommt ein weiterer Faktor hinzu: Die Verarbeitungsmethoden, welche, abhängig vom gewünschten Endprodukt, variieren. Klingt soweit irgendwie logisch, dass die Idee einfach ein x-beliebiges Maismehl für ein bestimmtes Rezept zu verwenden nicht die unbedingt die allerbeste ist, oder?
Folgende Arten von Maismehl gibt es:
Maismehl | Herstellungsprozess & Verbreitung | Typische Gerichte mit diesem Mehl |
Harina P.A.N., auch: Harina de maíz precocida (vorgekochtes Maismehl); v.a. in Kolumbien & Venezuela: masarepa, masa de arepa | Der Mais wird zunächst gekocht und im Anschluss getrocknet sowie sehr fein gemahlen. Diese Art von Maismehl wird insbesondere in Venezuela und Kolumbien für viele Rezepte (insbesondere Arepas) verwendet. Auch die Empanandas der Region werden, im Gegensatz zu chilenischen & argentinischen Empanadas, meist aus diesem Maismehl gemacht. Das Mehl wird industriell sowohl aus gelben als auch aus weißem Mais hergestellt und ist in diesen beiden Farben erhältlich. Seltener gibt es noch eine süßere Zuckermais-Version des Mehls. In spanischsprachigen Ländern (und Rezepten) wird das Mehl umgangssprachlich sehr oft einfach “Harina [dt. Mehl] P.A.N.” genannt. Die Bezeichnung ist ein Deonym und auf den Namen des bekanntesten Hersteller dieses Maismehltyps zurückzuführen (siehe Abbildung weiter oben). | Arepas, Buñuelos, kolumbianische& venezolanische Empanadas, Mandocas |
Maismehl (aus der deutschen Backabteilung, rohes Maismehl) | Der getrocknete Mais wird fein gemahlen. Dieses gelbe Maismehl ist die bei uns am weitesten verbreitete Variante, die ihr üblicherweise in der Backabteilung von Supermärkten findet. Wenn auf dem Maismehl keine zusätzlichen Infos stehen (also kein “vorgekocht” oder “nixtamaltisiert”), sollte es es sich – zumindest in Deutschland – immer um diese Art Maismehl handeln. | Eignet sich am besten für Backwaren (Brote, Muffins usw.). |
Maisgrieß | Der getrocknete Mais wird grob gemahlen. Grieß und kein Mehl, aber der Vollständigkeit halber ebenso in dieser Liste. In Europa & insbesondere in der mediterranen Küche verbreitet. | Polenta, Maisgrießkuchen, für Füllungen |
Nixtamalisiertes Maismehl, auch: Masa Harina, Masa para Tortillas, Masa para Tamales | Die getrockneten Maiskörner werden zunächst nixtamalisiert, d.h. die ganzen Körnern werden in Wasser gelegt und es wird Holzasche oder gelöschter Kalk hinzugefügt. Dadurch wird unter anderem das im Mais enthaltene Niacytin zu Nicotinsäure (ein Vitamin aus dem B Komplex) umgewandelt. Zudem ändern sich durch die Verarbeitung z.B. auch die Klebeeigenschaften des Mehls. Nixtamalisiertes Maismehl wird vor allem in Zentralamerika und Mexiko verwendet und ist meist als weißes, gelbes oder (etwas seltener) lila Maismehl, erhältlich. Für Tamales wird zudem spezielles nixtamalisiertes Mehl angeboten. Dieses ist etwas gröber als das für die anderen Speisen verwendete, fein gemahlene, nixtamalisierte Mehl. | Tortillas, Tacos, Tamales |
Maisstärke | Aus den Maiskörnern herausgewaschene Speisestärke. | Als Bindemittel für Saucen etc. oder als Zusatz beim Backen |
Harina de maíz tostado, auch: Fororo, Farina bòna, Farina seca | Maismehl aus geröstetem Mais (bei Röstmais handelt es sich um eine spezielle Maissorte, welche, im Gegensatz zu Popcornmais, nicht aufpoppt). Als Fororo ist diese Maismehl Art vor allem in Venezuela beliebt. Da Fororo in Venezuela meist für Süßspeisen verwendet wird, ist es im Supermarkt sowohl pur als auch mit Zucker gemischt erhältlich. Ähnlich ist das geröstete Maismehl Farina bòna / Farina seca, welches früher in der Schweiz (Grenzregion zu Italien) verbreitet war. Es wird in Europa aus anderen Röstmais Sorten gewonnen, ist jedoch in der Verwendung ähnlich. Das Mehl ist oft weiß oder gelb, kann jedoch die verschiedensten Farben haben, da es auch viele bunte (einfarbige als auch mehrfarbige) Röstmais Sorten gibt. | verschiedene Maisgetränke und Süßspeisen, wie z.B. Mais Pancakes und Fororo (dies ist auch der Name von einem typisch venezolanischem Frühstück) |
Wo kann ich das passende Maismehl einkaufen?
- Maisgrieß & Maisstärke: Gibt es in jedem Supermarkt.
- Maismehl (getrockneter Mais, fein gemahlen): Ebenfalls in fast allen Supermärkten zu finden. Ggf. beim Bioladen vorbeischauen. Backabteilung.
Alle anderen Maismehle:
- In sehr gut sortierten Supermärkten gibt es manchmal auch spezielle Maismehle (wie nixtamalisiertes oder vorgekochtes Maismehl). Meist stehen diese dann aber nicht in der Backabteilung, sondern z.B. in einer Ecke mit internationalen Spezialitäten.
- Wer in einer Großstadt wohnt, sollte es mit einem Besuch bei einem mexikanischen / lateinamerikanischen oder auch spanischen Lebensmittelgeschäft probieren.
- Im Internet bestellen. Es gibt einige sehr gut sortierte Onlineshops mit mexikanischen und lateinamerikanischen Produkten, welche alle der genannten Mehle führen.
Du hast noch Fragen zum Thema? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar!
P.S.: Im November habe ich noch einige passende Rezepte mit verschiedenen Maismehlen für euch. Schaut also unbedingt in den nächsten Tagen & Wochen vorbei, wenn ihr noch etwas Inspiration für leckerschmecker lateinamerikanisches Streetfood braucht.
Was ist den nun der Unterschied zwischen gekochtem und ungekochtem Maismehl?
Welches ist dem Cornmeal am nächsten
Lieben Gruß
Moin, sorry für die späte Antwort! Gekochtes Maismehl ist, wie oben auch im Beitrag steht, Harina P.A.N. Durch die andere Verarbeitung verhält es sich komplett anders als ungekochtes Maismehl. Cornmeal entspricht meines Wissens nach Maisgrieß, also keinen von beiden. Grieß ist gröber als Mehl. Ich hoffe, das hilft dir und ist jetzt verständlicher!
Liebe Grüße
Sarah
Danke, sehr hilfreiche Infos. Jetzt weiß ich, weshalb mein Kuchen ein Desaster war.