Wer meine Reiseberichte über Südamerika verfolgt weiß, dass ich bisher an den meisten Orten keine großen Probleme hatte etwas veganes zu Essen für mich aufzutreiben und die Auswahl in vielen Städten sogar recht gut war. In erster Linie liegt das natürlich auch daran, dass ich mich vorher oft in entsprechenden Gruppen auf Facebook oder via HappyCow schlau mache, wo ich fündig werden könnte und mich oft in Metropolen, wie Rio oder São Paulo, aufhalte, in denen eh so ziemlich alles zu finden ist.
Bewegt man sich jedoch aus den Ballungsgebieten heraus und ins Hinterland sieht die Situation oft ganz anders aus.
So zum Beispiel an einem der letzten Wochenenden. Ein Freund aus Iguaçu fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mit ihm ein bisschen durch den Bundesstaat Misiones (im Norden Argentiniens) zu fahren, mir gemeinsam mit ihm und einer Freundin Ruinen anzuschauen und eine Nacht in der Stadt Posadas zu verbringen. Natürlich habe ich das Angebot angenommen, zumal er ein Auto hat, was natürlich die Möglichkeit etwas flexibler zu reisen bietet (sonst bin ich hier immer nur mit dem Bus unterwegs) und an der ein oder anderen Stelle anzuhalten, welche man mit dem öffentlichen Nahverkehr nur schwer oder gar nicht erreicht. Da auf dem Weg nach Posadas vor allem kleine Orte liegen habe ich mich vorher mental schon mal darauf eingestellt nicht besonders viel zu Essen zu bekommen und hatte auch die leichte Befürchtung meinen beiden Mitreisenden (welche beide alles essen) mit der Suche nach Essen genug zu nerven, dass das Thema unterwegs zum Konflikt ausarten könnte. Allerdings wussten die natürlich auch worauf sie sich einlassen als sie mich gefragt haben ob ich mitkommen möchte. Davon ab kommt es überhaupt nicht in Frage wegen meiner Ernährung nicht irgendwo hin zu reisen und im Zweifelsfall ist halt Obst oder Salat angesagt.
Unser erster Stop auf dem Weg zum Mittagessen bestätigte meine Vorahnung, dass es etwas komplizierter als sonst werden könnte. Wir hielten in dem Ort Eldorado, wo, trotz oder gerade wegen (wer weiß das schon) Wochenende und Mittagszeit, vieles geschlossen hatte. In einem Hotel fanden wir ein Restaurant und bei einem Blick auf die Karte war schnell klar: das könnte kompliziert werden. “Sagt mal, eure Gnocchi, macht ihr die mit Ei? Ich esse nämlich keine Eier und keine tierischen Produkte allgemein, also…[Liste hier einfügen;)].” – “Ja, also wir machen die schon mit Ei. Aber das sind ja nur so ein bis zwei Eier auf eine groooooße Menge Teig. Also ist da ja quasi gar kein Ei drin.” – “Hm, nee, dann lieber nicht.” – “Aber die sind doch hausgemacht und das ist wirklich viel Teig und ganz ganz wenig Ei. Außerdem ist das alles viel gesünder als die, die du im Supermarkt ohne Ei bekommst.” – “Nee. Ich esse aber auch nicht wenig Ei. Was ist denn in euren Salaten? Könnt ihr da irgendwas ohne Ei, Käse, Fleisch oder Fisch für mich machen?” – “Ja also in unseren Salaten ist immer Ei. Aber wir könnten dir auch einen mit Thunfisch machen.” – “Ich esse aber auch keinen Fisch. Geht nicht irgendwie nur Salat…so Blätterzeug, Tomaten, Gurken…?” Nach der Aufzählung von ein paar Zutaten hatten wir uns dann geeinigt und ich bekam einen Teller mit Eisbergsalat, Tomaten, Zwiebel, Möhre und eine Portion Reis. Kein Festmahl, aber letztlich war ich froh tatsächlich etwas veganes zu erhalten.
Auf dem weiteren Weg Richtung Süden und einem Stop an den Ruinen der “Misiones jesuíticas guaraníes” waren außerdem einige Stände zu finden an denen es Obst zu kaufen gab (vor allem Orangen und Mandarinen, aber auch Bananen und Ananas). Wer also mit dem Auto unterwegs ist, kann sich problemlos zwischendurch mit frischem und günstigem Obst versorgen, welches dort von vielen Familien angebaut wird. Gekauft habe ich mir dort allerdings nichts, da Orangenbäume alle paar Meter auch außerhalb von Privatgeländen und Plantagen rumstehen, weshalb ich mir lieber selbst welche gepflückt habe.
Nach einem abendlichen Spaziergang durch die Stadt Posadas kam das Thema “lasst uns was essen gehen” natürlich noch einmal auf. Diverse Restaurants bei denen wir auf die Karte schauten, boten in vegan lediglich Pommes oder frittierte Maniok. Wäre für mich völlig ok gewesen, nur, dass die beiden die mit mir unterwegs waren sich tatsächlich nicht damit zufrieden geben wollten, dass ich “nur das” und “kein richtiges Gericht” esse. Nun gut, dann müsst ihr eben weiter mit mir suchen. Nachdem wir die meisten Straßen im Zentrum erfolglos abgeklappert hatten, schlugen die zwei vor es im Shoppingcenter am Hauptplatz zu versuchen. Shoppingcenter haben auf meiner Liste der “schrecklichsten Orte der Welt” einen Ehrenplatz. Widersprechen wollte ich trotzdem nicht, da wir schließlich – mehr oder weniger meinetwegen – schon seit einer Weile durch die Stadt latschten. Im ersten Stock des Gebäudes fanden wir tatsächlich ein asiatisches Restaurant, in welchem ich auf meine tendenziell kompliziert formulierte Nachfrage (das Wort vegan vermeide ich meist, da viele in kleineren Städten damit sowieso nichts anfangen könnten und frage lieber -inklusive Aufzählung von dem was ich alles nicht esse- danach, ob es irgendwas komplett ohne tierische Produkte und mit wirklich nuuuuur Gemüse gibt) tatsächlich die Antwort “ja, wir haben auch vegetarische und vegane Speisen” erhielt. Wow. Er hat vegan gesagt. Die vegane Auswahl beschränkte sich auf Sushi sowie Frühlingsrollen (beides in kleineren Portionen als Vorspeise), einen Salat und eine vegane Chop Suey Variante (mit Möhren, Zucchini, Zwiebeln etc.). Da ich nach dem ganzen umher laufen ziemlich hungrig war entschied ich mich für das Chop Suey. Die Portion kostete umgerechnet etwa 4 Euro, war recht lecker, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu salzig. Pappsatt war ich danach trotzdem und dann ehrlich gesagt doch ganz glücklich nicht nur Pommes gegessen zu haben. (Gibt leider kein Foto von dem Essen, da ich ohne Kamera und Handy unterwegs war.)
Am nächsten Morgen ging es dann zum Supermarkt wo ich mich zum Frühstück sowie für einen Snack unterwegs mit Bananen, Brot, Marmelade und Keksen ausstattete. Nachdem wir noch ein bisschen durch die Stadt gelaufen waren, sagte unser Fahrer, dass er gerne wieder Richtung Iguaçu fahren würde um noch etwas auf dem Rückweg anzuschauen, da er von einem Aussichtspunkt gehört hatte, von welchem man weit über die wirklich wunderschönen Wälder der Region blicken kann. Wir fuhren also wieder Richtung Norden und machten im Park von Santa Ana de la Cruz halt. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass der Ort nicht nur irgendwas mit “Kreuz” heißt, sondern dass in der Nähe des Ortes (welcher auch schon höher gelegen ist als der Rest der Region, ca. 360 Meter über dem Meeresspiegel) tatsächlich ein ca. 50 Meter hohes Kreuz in einem Park rumsteht, auf welches man drauf kann um über die Region zu blicken. Als Atheistin ist auf Kreuze klettern jetzt nicht gerade mein Hobby, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt. Aber bitte, was tut man nicht alles für eine gute Aussicht. Wir hatten jedoch nicht so viel Glück und es war wahnsinnig nebelig, demensprechend war die Sicht nicht sonderlich gut. Da ich Nebel jedoch mag fand ich trotzdem sehr schön zu sehen wie er über der Region hängt die Wälder in diesem verschwinden.
Da direkt daneben ein Restaurant war, der Herr Autofahrer langsam wegen Hunger grummelig wurde und die Mittagszeit auch längst vorbei war (und wir somit nicht wussten, ob noch etwas anderes in dem kleinen Ort in der Nähe geöffnet ist), beschlossen wir dort zu essen. Wieder standen Gnocchi auf der Karte, auf meine Fragen hin wurde mir jedoch versichert, dass diese tatsächlich nur Maniok, Gewürze und etwas Mehl enthalten und die rote Sauce ebenfalls nur aus Tomaten, Öl und Gewürzen ist. Mit umgerechnet knapp 10€ für Essen und Getränk war das Restaurant für Argentinien ziemlich teuer, aber ich natürlich trotzdem happy eine Mahlzeit vor mir zu haben. Mit kurzen Zwischenstops auf dem Rückweg ging es dann wieder zurück zur argentinisch-brasilianischen Grenze. Spät Abends war ich wieder in meinem zu Hause in Foz do Iguaçu, wo meine Mitbewohnerin (die nicht vegan ist und eigentlich nur in der Lage Reis zu kochen) mich mit der Info, dass sie gerade versucht eine vegane Tarte (mit Kürbis und Kohl) zu machen begrüßte.
Mein Fazit dementsprechend: Vegan in Misiones und weit weg von Städten mit millionen Einwohnern: alles halb so schlimm. Allerdings sei erwähnt, dass ihr in dem Fall ohne halbwegs vernünftige Spanischkenntnisse (zumindest in den meisten Orten in Argentinien) nicht unbedingt weiter kommt. Da die Natur und Umgebung (trotz nicht allzu gutem Wetters, aktuell befinden wir uns in der Regenzeit) beeindruckender war als das Essen (für das sich die Reise absolut nicht lohnt), hier ein paar Bilder aus Misiones:
Ja, Argentinien ist nicht unbedingt bekannt für gesundes (fleischloses) Essen. ;) Ich hab ein paar Jahre in Buenos Aires gelebt (damals noch als Fleischesser). Als ich dann vor 2 Jahren mal wieder zu Besuch da war (als Vegetarierin) war immer die erste Frage “Oh, du _darfst_ kein Fleisch mehr essen? Wieso?” Auf die Idee, dass ich kein Fleisch mehr essen _will_, kamen die wenigsten. ;)
Zu meiner Überraschung hab ich aber auch vegetarische Restaurants in BA entdeckt, die es noch nicht so lange gibt. Und inzwischen kenne ich sogar schon 2 Argentinier, die vegetarisch leben. Es geht voran!
Ich bin auf meinen nächsten Besuch gespannt, wenn ich dann als Veganerin einreise. ;-)
Hallo Mandy, ja, in Buenos Aires war ich auch schon mehrmals… Letztes Jahr habe ich dort ein paar Veganer/innen kennen gelernt und auch über ein paar Restaurantbesuche gebloggt. Mittlerweile gibt es eine ganze Menge vegetarische Restaurants in der Stadt und auch sogar auch einige vegane. Siehe hier, falls es dich interessiert: https://www.veganguerilla.de/vegan-on-the-road-buenos-aires/
Die Frage bzw. Aussage mit “ach, du darfst das ja nicht essen” ist mir hier auch schon oft begegnet, aber zumindest meinem Umfeld hier (in Brasilien) konnte ich mittlerweile ganz gut vermitteln, dass (und warum) ich nicht will. ;)
Danke für den Hinweis, schau ich mir gleich mal an.
Was ich recht gruselig finde ist die Übermacht von Monsanto in Südamerika. Sojaprodukte würde ich da nur ungern essen, Alternativen (nicht genmanipuliert) gibt’s da wohl keine, oder?
Ich plane nächstes Jahr mal wieder nach Buenos Aires zu fliegen, dann schau ich mir mal die veganen Ecken an. :)
viele sojaprodukte gibt es hier in brasilien gar nicht, zumindest nicht wo ich lebe, obwohl das wirklich monsanto hochburg hoch 10 ist (direkt an der grenze zu paraguay). tofu und co sind aber trotzdem eher schwer zu finden, normale supermärkte führen das hier in iguacu jedenfalls nicht. hab allerdings schon ein paar reformhäuser gesehen die trockensoja und tofu hatten, beides bio. ich gehe mal davon aus, dass der klar geht. allerdings sind die preise dafür so hoch, dass hier eh nur alle paar monate sowas auf meinem teller gelandet ist.
heyy! hier in niterói gibt es in eigentlich allen supermärkten, die ich bisher sah, sojamilch. in den größeren auch tofu. in einer bioladenkette (mundo verde heißt der glaube ich) gibt es sogar vegane soja-kondensmilch und doce de leite. aber es ist alles wahnsinnig teuer.