Wenn es um Reisen und Veganismus geht werde ich oft gefragt, ob das nicht verdaaaaaaammt schwierig ist. “Eigentlich nicht” ist meist meine Antwort, vielleicht mit einem zusätzlichen schnippischen Hinweis darauf, dass ich selbst auf meinen Reisen ja auch ganz offensichtlich noch nicht verhungert bin. An gesprächigeren Tagen erzähle ich sonst vermutlich so etwas wie, dass es z.B. in den südamerikanischen Großstädten wirklich tolle vegane Optionen gibt und verliere mich mitunter in irgendwelchen Details über mein weltweit allerliebstes All-you-can-eat-Buffet in Rio de Janeiro, verdammt gute vegane Burger in karibischen Hippie-Strand-Käffern, die besten tropische Früchte der Welt und wie man auch als Veganerin schafft sich ganz easy in Bolivien, Peru oder einem anderen Land nach Wahl eine Lebensmittelvergiftung zuzulegen.
Eins fällt bei diesen Erzählungen jedoch auch öfter mal unter den Tisch, vermutlich weil die FragestellerInnen sich meist gut mit knappen Antworten oder lustigen Reisegeschichten abspeisen lassen oder ich irgendwann abschweife und mir dies mitunter auch Diskussionen über Veganismus, einsame Inseln und die zentrale Frage überhaupt, nämlich ob ich da nicht vielleicht doch einem vorbeilaufenden Tier den Kopf abbeißen würde, erspart: Die beeindruckendsten Orte an denen ich bisher war waren meist nicht nur die abgelegendsten, sondern auch die an denen es manchmal doch recht kompliziert war sich vegan zu ernähren. Zu diesen schönsten, wenn eben auch als VeganerIn schwierigen, Orten zählt für mich auch Rapa Nui, die Osterinsel, für welche ich euch ein paar Überlebenstips (statt der wie sonst gewohnten Restaurantempfehlungen) geben möchte, sollte es euch einmal dort hin verschlagen.
Diese liegt ziemlich isoliert im südöstlichen Pazifik: das nächste bevölkerte Fleckchen Erde sind die Pitcairn Inseln mit nur 54 Einwohnern und ganze 2000km entfernt. Zum chilenischen Festland ist es mit gut 3500km noch einmal etwas weiter. Haupt- und einzige Stadt der Insel ist Hanga Roa mit knapp 6000 Bewohnern – und diese scheinen alle verdammt gelassen, kommunikationsfreudig und sehr entspannt (Aber ist ja auch irgendwie logisch: Was soll die ganze blöde Hektik, wenn man eh so weit weg von allem ist?). Eine verdammt schöne Kombination mit dem Gefühl ganz alleine am Ende der Welt zu sein, fand ich. Außerdem habe ich als Lateinamerika Studentin irgendwie ein faible für alte Steine und archäologische Ausgrabungsstätten entwickelt und unter diesem Aspekt hat Rapa Nui extrem viel zu bieten, da über die Insel hunderte überdimensionale Moais (das sind diese Meterhohen Steinstatuen) und andere Fundstätten verteilt sind und Rapa Nui so eher einem riesigen Museum gleicht. Doch zurück zum Essen….Denn was die veganen Optionen in Restaurants angeht lässt die Insel wirklich zu wünschen übrig. Die Antwort, die mir das Internet vor meiner Anreise auspuckte war “keine” und ließ mich etwas gespannter (und mit ein paar Lebensmitteln mehr im Rucksack als sonst) ins Flugzeug steigen.
Natürlich war ich mit der Antwort “keine veganen Optionen” die mir das Internet gab nicht zufrieden. Und so gerne ich die “glückliche Kuh” und ihren Restaurantguide mag, ebenso sehr weiß ich auch, dass sich auch an Orten der Welt, an denen man als VeganerIn aufgeschmissen scheint, meist doch irgendwo ein kleiner Laden mit veganen Optionen darauf lauert entdeckt zu werden. Dementsprechend habe ich als ich dort war die komplette Insel abgeklappert und überall nachgefragt ob es nicht doch eine Empanada (gefüllte Teigtaschen) oder eben irgendetwas anderes auch in ohne Fleisch, Käse, Ei und co. gibt. Quasi überall schallte es mir “No” entgegen. (Die Möglichkeiten in den schickeren Ressorts auf der Insel etwas veganes zu bekommen kann ich jedoch nicht beurteilen, ich vermute jedoch, dass es auch dort ähnlich aussieht).
Einzige quasi vegan freundliche Option auf der Insel scheint die Folgende:
Club Sandwich (Straße: Atanu Tekena, Hausnummer gibt es nicht) erfüllt auch Sonderwünsche, wenn man nett nachfragt und einen kompetenten Mitarbeiter erwischt. Da der Laden eine ganz gute Auswahl vegetarischer Sandwiches hat, ist es her hier recht gut möglich ein Sandwich ohne Käse zu bestellen und das Ei (sofern auf dem Sandwich vorhanden) z.B. gegen Avocado tauschen zu lassen. So besteht zumindest die Möglichkeit, sich mal schnell mit einem Happen Essen zu versorgen. Im Idealfall sprecht ihr hierfür jedoch auch noch Spanisch. Alles also nicht ganz easy und ganz schön viele “wenns” für ein überteuertes Sandwich. Meins hat trotzdem gut geschmeckt, irgendwie nach Erfolg und “na siehste, geht doch auch vegan”;).
Für die Veggies unter euch dürfte die Essensbeschaffung jedoch kein unüberwindbares Problem darstellen, denn vegetarische Optionen gibt es einige auf den Menüs der Restaurants (allerdings sind diese meist sehr Käselastig – der Versuch hier etwas “vegetarisches ohne…” zu bestellen schien mir bei den angebotenen Sachen die ich gesehen habe hoffnungslos, aber ihr könnt es ja natürlich trotzdem versuchen). Generell gilt aber auch hier: die Preise sind viel höher als aus Südamerika und Chile üblich.
Und weiter? Tja, nichts.
Aufgrund dieser extrem überschaubaren und nicht sonderlich tollen Option (und eigentlich auch schon alleine wegen der Preise auf der Insel generell) ist es sehr sinnvoll, und als VeganerIn quasi überlebenswichtig, sich eine Unterkunft mit Küche zu suchen.
Zu den günstigeren Optionen im Ort zählt z.B. das Hostal Tojika, welches am Rand von Hanga Roa, kurz vorm Hafen, liegt (da der Ort klein ist, ist auch die Distanz zum “Zentrum” trotzdem nicht sonderlich groß). Auf der Website des Hostels sind die Räume zwar als Doppel-, Dreierzimmer etc. gelistet, es ist aber auch möglich nur ein der Bett als “Dorm” zu mieten und es sich gegebenenfalls mit anderen Reisenden zu teilen. Wenn die Unterkunft nicht ausgebucht ist, könnt ihr auch gut versuchen einen Deal auszuhandeln, insbesondere, wenn ihr nicht nur zwei oder drei Tage bleibt. Ich habe etwa 10 Tage auf der Insel verbracht und am Ende um die 15€ pro Nacht bezahlt (die Preise für ein komplettes Zimmer sind, je nach Größe, etwa das Vierfache aufwärts). In Anbetracht der Preise auf der Insel generell und der Tatsache, dass ich das Zimmer nur etwa die Hälfte der Zeit mit ein bis zwei anderen Reisenden teilen musste, ein wirklich guter Deal. Die Gemeinschaftsküche kann von allen genutzt werden. Ein großer Kühlschrank und Herd stehen zur Verfügung und auch ansonsten ist die Küche ausreichend mit Töpfen, Geschirr etc. ausgestattet. Eine Selbstversorgung ist hier dementsprechend gut möglich und hat mich wirklich gerettet.
Wer weniger für die Unterkunft ausgeben möchte (was sich auf der Osterinsel als quasi unmöglich herausstellte), findet direkt neben den Hostal Tojika die günstigste Option auf der Insel. Zwar sind die Zimmerpreise ähnlich (und als ich ankam war das Hostel ausgebucht), aber es ist möglich einen Platz zum Campen zu mieten und dort sein Zelt aufzuschlagen (Zelte werden ansonsten gegen einen Aufpreise zur Miete angeboten soweit ich weiß)…billiger kommt ihr auf der Osterinsel nicht weg. Auch in diesem Hostel (den Namen habe ich leider vergessen) gibt es eine Gemeinschaftsküche, welche ebenfalls genutzt werden kann, wenn man auf dem Campingplatz wohnt. Bedenkt jedoch, dass es -abhängig von der Jahreszeit- auch mal viel regnen kann und so ein Dach über dem Kopf mitunter gar nicht so verkehrt ist.
Zutaten auf der Insel zu kaufen gestaltet sich ebenfalls schwieriger als auf dem chilenischen Festland und auch hier sind die Preise, wie bereits erwähnt, wesentlich höher. Daher noch ein paar Tips:
Farmers Market – Auf diesem Markt findet ihr die beste Auswahl an Obst und Gemüse auf der Insel (die Beste Auswahl heißt in dem Fall nicht unbedingt gut, aber es gibt auf jeden Fall irgendein Grünzeug für die nächste Speise). Keine Ahnung ob der Markt überhaupt eine Adresse hat – da der Ort klein ist und er etwa auf der Mitte der Hauptstraße (Atanu Tekena) liegt werde ihr zwangsweise darüber stolpern. Vormittags sind die Chancen hier am besten Obst/Gemüse zu finden. Nachmittags war als ich dort war oft nur noch der Kunsthandwerkermarkt im gleichen Gebäude geöffnet und die paar Stände mit Essen bereits geschlossen. Etwa auf der gleichen Höhe der Straße stehen auch öfter ein oder zwei Händler rum bei welchen ihr das überteuerte Inselgemüse zumindest etwas günstiger als in den Mini Supermärkten bekommt.
Da die Supermärkte nicht sonderlich gut sortiert und es lohnt sich auf jeden Fall sich ein paar Produkte vom chilenischen Festland mitzunehmen, zumal die veganen Einkaufsmöglichkeiten in Santiago de Chile sehr gut sind. Da die Osterinsel politisch zu Chile gehört (auch wenn sie von Polynesien ausgehend besiedelt wurde) ist euer Flug außerdem ein Inlandsflug (es sei denn, ihr kommt gerade aus der anderen Richtung – Tahiti) und ihr dürft auf dieser Strecke auch frische bzw. auch nicht eingeschweißte Produkte mitnehmen! Wer noch etwas Platz im Rucksack hat sollte diese Gelegenheit auf jeden Fall nutzen (Basics wie Nudeln, Reis etc. könnt ihr auch gut auf der Insel kaufen, auch wenn diese hier wie alles natürlich auch teurer ist).
Wer Ausflüge auf der Insel bucht (die meistgenutzte Art die Insel zu erkunden), hat meist auch ein Essen mit inbegriffen (vegetarische oder gar vegane Optionen habe ich nicht gesehen). Ich bin dies einfach umgangen indem ich mir mit mehreren Leuten aus dem Hostel ein Auto gemietet und die Insel so selbst erkundet (bzw. an anderen Tagen zu Fuß). Dabei lag der Preis für ein Auto pro Tag etwas über dem Preis für einen Ausflug pro Person – ab 2 Menschen rechnet sich das Ganze also bzw. ihr kommt sogar wesentlich billiger weg und seid außerdem flexibler. Da so wenig Leute auf der Insel wohnen und ist es hier auch keinesfalls stressig selbst zu fahren (ganz im Gegensatz zu anderen Ecken in Südamerika), geschweige denn irgendwie gefährlich… Aufgrund der Größe der Insel und der wenigen vorhandenen Straßen dürftet ihr es nicht einmal mit größter Mühe schaffen euch zu verfahren. (Vertraut mir… Wenn es eine Möglichkeit gäbe hätte ich sie gefunden!) Wer ein Auto für mehrere Tage bucht sollte auch hier versuchen einen Rabatt zu erhandeln. Ganz großer Vorteil ist auch, dass ihr die schönsten Ecken der Insel (z.B. den Strand Anakena und viele beeindruckende archäoligische Stätten) ohne Busladung Menschen um euch herum und ganz in Ruhe und oft sogar komplett alleine besuchen und euren eigenen Picknickkorb einfach ins Auto werfen könnt. Statt einen Tourguide könnt ihr (zumindest wenn ihr Spanisch sprecht, ansonsten wird es eventuell schwieriger) einen der Nationalpark-Guides ansprechen, welche ihr eigentlich überall in den Nationalparkabschnitten der Insel findet. Alle Guides mit denen ich gequatscht habe hatten ein unglaubliches Wissen über die entsprechenden Fundstellen und scheinbar auch Lust mir davon zu erzählen (teilweise sogar über eine Stunde). So hatte ich nicht nur viele spannende Gespräche über die Geschichte der Insel als auch Rapa Nui heute, sondern in ein paar Fällen quasi eine komplette Privattour in welcher ich z.B. mir z.B. traditionelle Kräuter erklärt (und mir für eine spätere Teezubereitung mitgegeben) wurden, Fundstellen von Kochstellen gezeigt und erklärt wurden und noch vieles mehr.
Die Offenheit und Freundlichkeit mit denen mir die Nationalparkguides begegneten ist mir auch andernorts auf der Insel immer wieder aufgefallen und ich habe mich an diesem Ort, trotz der eher bescheidenen veganen Essenslage und der Schwierigkeit dort einigermaßen Backpacker- bzw. budgetfreundlich unterwegs zu sein, extrem wohl gefühlt. Die Osterinsel gehört daher, und weil sie auch ansonsten ein unglaublich beeindruckendes Fleckchen Erde ist, definitiv zu den Schönsten Orten an denen ich jemals war. Ihre Koordinaten trage ich daher seitdem auch auf der Haut. Die Moral von der Geschicht? Nur weil es keine veganen Restaurants gibt heißt das noch lange nicht, dass ihr nicht irgendeinen anderen Quatsch findet, den ihr machen könnt…Palmen mit “Tattoo” Schriftzügen folgen ist zum Beispiel immer eine ganz unterhaltsame Idee.